Mythos „Bauhaus-Uhren“

Klaus Botta, 01.09.2020

Eines gleich vorweg: Es freut mich sehr, dass seit dem Bauhaus-Jubiläumsjahr 2019 (die Architektur- und Designhochschule Bauhaus wurde im Jahr 1919 in Weimar gegründet) die Begriffe Bauhaus und Design sprunghaft an Bekanntheit gewonnen haben (siehe auch: Blogartikel "100 Jahre nach Bauhaus"). Denn die Architektur und die daraus abgeleitete neue Disziplin Produktdesign haben unseren Alltag wesentlich mehr geprägt, als es den meisten Menschen bewusst ist. Vor allem das „German Design“, das sich in vielen modernen Industrieprodukten bis hin zu Apple-Geräten wiederfindet, hat die globale Produktkultur maßgeblich geprägt.

An dieser bemerkenswerten Entwicklung ist das Bauhaus ganz ursächlich beteiligt. Es hat mit seiner Gestaltungslehre zu einer neuen Formensprache der sich damals schnell entwickelnden industriellen Massenproduktion entscheidend beigetragen.

Uhren, die es niemals gab

Auf der anderen Seite fällt mir auf, dass es in der Uhrenindustrie seither an allen Ecken und Enden einen (neuen) Bezug zu sogenannten „Bauhaus-Uhren“ zu geben scheint.

Doch genau genommen gibt es, soweit mir bekannt ist, keine einzige Uhr, die seinerzeit am Bauhaus gestaltet wurde. Weder eine Armbanduhr noch eine Wanduhr.

Selbst die oft zitierte Max Bill Uhr entstand nicht in der begrenzten Schaffensperiode des Bauhauses von 1919 bis 1934. Max Bill war zwar immerhin von 1927 bis 1928 Schüler am Bauhaus. Die besagte Uhr von Junghans entwarf er allerdings erst im Jahr 1956, zunächst als Küchenuhr, 1961 folgte die bekannte Armbanduhr.

Zumindest stammen diese beiden aus der Feder eines echten Bauhaus-Schülers.

Bauhaus-Uhren im wörtlichen Sinne gibt es nicht. BOTTA-Uhren sind jedoch stark von der Bauhaus-Philosophie beeinflusst und transportieren diese in die heutige Zeit

Pseudo-Bauhaus als Pseudo-Wert

Wesentlich künstlicher erscheint mir da der Bezug vieler neuer Uhrenlabel. Während man vor 2019 dort oft von „minimalistischem Design“ sprach, heißt es seitdem gerne „Bauhaus-Design“.

Mir drängt sich der Verdacht auf, dass sich hinter dem Deckmäntelchen der angeblichen „Reduktion auf das Wesentliche“ in Wirklichkeit die „Einfachheit der Herstellung“ versteckt.

Betrachtet man diese angeblichen „Bauhaus-Uhren“ etwas genauer, fällt vor allem die aufwandsminimierte Herstellungsweise der Komponenten ins Auge. Extrem einfache und einfallslose Gehäuse werden mit Euphemismen wie „minimalistische Gestaltung“, „reduziert auf das Wesentliche“ oder „klare Form“ aufgewertet. Gleiches gilt oft für die Zifferblätter und Zeigergestaltung welche die immer gleichen Schemen wiederholen. Eine geringe Wertigkeit und Beliebigkeit werden hier oft mit Begriffen wie „Affordable Luxury“ umschrieben.

Hier wird ganz offensichtlich eine reduzierte Gestaltung im Allgemeinen und der Name Bauhaus im Speziellen für Marketingzwecke missbraucht, um einfachen Massenartikeln aus Billiglohnländern den Anschein von Wertigkeit zu geben.

Made in Germany gibt es nicht zum Schnäppchenpreis

Aus eigener 35-jähriger Entwicklungserfahrung weiß ich, wie lange es dauert, bis ein neues Konzept zur Marktreife entwickelt ist und wie vergleichsweise aufwändig und teuer eine Herstellung von nachhaltigen Qualitätsprodukten ist.

Nach meiner Erfahrung ist unter 400€ Verkaufspreis eine echte Eigenentwicklung „Made in Germany“ selbst mit Quarzantrieb nicht realisierbar.

BOTTA-Uhren setzen auf den Produktionsstandort Deutschland und bieten Qualität "Made in Germany"

Durch Einsparung der Konzeption und Entwicklung (Plagiarismus) lässt sich der Entwicklungsprozess drastisch abkürzen. Der Einkauf von bestehenden Komponenten und einer Massenproduktion ohne nennenswerte Qualitätskontrolle und Service ermöglichen eine Herstellung zu unglaublich niedrigen Preisen. Wohlgemerkt – wir reden hier nicht von fairen Preisen oder umweltgerechter Produktion. Kurzlebigkeit und oder schädliche Inhaltsstoffe werden hier oft in Kauf genommen. Das ist dann der Preis, der in der Realität für die „sehr günstigen Preise“ gezahlt werden muss.

Die Begriffe „Minimalistisches Design“ oder „Bauhaus-Design“ sind dann die Marketing-Kulissen, die solch charakterlose und austauschbare Produkte mit dem Nimbus des Besonderen versehen sollen.

Daneben wird der Begriff Bauhaus auch gerne eingesetzt, wenn das Gestaltungskonzept des jeweiligen Labels aus Konzeptlosigkeit besteht. Oder wie es der renommierte Uhrenexperte Gisbert Brunner treffend ausdrückt: „Wenn einem nichts mehr einfällt, schreibt man heute halt gerne noch Bauhaus dazu.“ 

Was ist „Bauhaus-Design“ wirklich?

Tatsächlich stehen solche „Me-too-Bauhaus-Uhren“ im direkten Kontrast zur eigentlichen Bauhaus-Philosophie. Die Gestaltungsschule um Walter Gropius hatte sich damals nämlich auf die Fahnen geschrieben „neuartige, zeitgemäße Produkte für eine neue Zeit zu schaffen.“ Kopien von Bestehendem oder gar Vergangenem verboten sich von selbst.

Die Form und die verwendeten Farben sollten stets einen tieferen Sinn haben und niemals Selbstzweck sein. Generell waren die Gestaltungsmaximen damals stark vom Funktionalismus (Form follows function) geprägt. Walter Gropius legte großen Wert darauf, dass Handwerk, Kunst und Funktion zusammenfinden und unter Zuhilfenahme von modernen Materialien und Technologien zu neuartigen Produkten führen. Nicht der kurzlebige Konsum, sondern der Mensch stand im Mittelpunkt der Betrachtungen.

Am Bauhaus wie auch bei BOTTA stehen Mensch und Natur im Zentrum der Gestaltung

Solche Produkte zu schaffen, die wirklich neu, logisch und funktional sinnvoll sind, ist eine echte Herausforderung und erfordert ein hohes Maß Kreativität – gerade dann, wenn diese Produkte auch zeitgemäß und nachhaltig sein sollen.

Spätestens an dieser Stelle scheidet sich die Spreu vom Weizen. Kurze Produktzyklen, kurzlebige, schwer oder gar nicht wartbare Komponenten entsprechen ganz und gar nicht den Idealen des Bauhauses.

Ergonomisches Design und hochmoderne Materialien wie Titan zeichnen BOTTA-Uhren aus

Nicht zu vergessen ist neben der technischen Lebensdauer noch die gestalterische Lebensdauer. Modisch kurzlebige Artikel werden bereits nach relativ überschaubarer Zeit untragbar und damit zu Müll und letztendlich zur unnötigen Umweltbelastung. Dagegen sind langlebige, hochwertige Produkte mit einer Mode-unabhängigen Gestaltung ein sinnvoller Beitrag zum verantwortungsvollen Umgang mit den weltweiten Ressourcen.

Originalität und Innovation sind wichtige Kernwerte von BOTTA-Uhren

Die Ideale des Bauhaus waren und sind auch heute noch bedeutsam und aktuell. Um erfolgreiche, zeitgemäße Produkte zu gestalten und zu entwickeln, bedarf es allerdings einer gewissen Mühe, die damals entwickelten Werte in die heutige Zeit zu übersetzen. Das ist weitaus schwieriger als die bloße Übernahme von Gestaltungsmerkmalen. Zeitgemäßes Produktdesign erfordert umfassende gestalterische und technische Kenntnisse. Hierin liegt jedoch letztendlich der einzige Weg, um wirklich nachhaltig neue und zeitgemäße Produkte zu schaffen.

Gute Gestaltung hat immer mit visionärem Denken, hohem ideellen Anspruch und maßvoller Integration des herrschenden Zeitgeistes zu tun. Das war vor hundert Jahren so und gilt auch heute noch in gleichem Maße.

Soweit zumindest meine Einschätzung. Wie bewerten Sie die Situation? Schreiben Sie mir Ihre Meinung und Erfahrungen. Ich bin sehr gespannt.

Ihr Klaus Botta

Klaus Botta

1 Kommentar


  • Harry

    I agree completely with what you’ve written, and thank you for publishing this widely. Someone needed to say this!

    However, I would like to provoke more thought on the subject since watches have changed in purpose, at least in my mind, given the ubiquitous cell phones with their almost perfect time-keeping in the last twenty years. Phones are the new pocket watches, cameras, telegraphs, maps, calculators, music players, tv, credit cards, note pads, calendars, etc. (in addition to being phones!) In addition, they can have every watch complication known to man as an app. And, so I think maybe the role of the wrist watch has changed, and signalling that you appreciate Bauhaus inspired design—that this is something dear to you in some way—is now part of the role of the watch as design element to one’s overall appearance but worn on the wrist.

    Thank you again for your article, and I hope my words have given you something to think about!


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