Wie es zur 12-Stunden-Anzeige für die Uhr kam

Beatrix Westphal, 20.03.2020

Bewusste Entscheidung für die falsche Zeitdarstellung?

Unsere gesamte Biodynamik, das Schlafen und Wachen, das Ansteigen und Absinken von Herzfrequenz und Körpertemperatur im Laufe des Tages und vieles mehr wird von unserer inneren Uhr gesteuert. Franz Halberg, einer der Begründer der modernen Chronobiologie, bezeichnete diesen Takt als circadianen Rhythmus. Dem Rhythmus der Erde folgend und im natürlichen Wechsel von Tag und Nacht hat er sich auf einen 24-Stunden-Takt eingepegelt, obwohl er bei uns tagaktiven Organismen eigentlich etwas länger ist.

Dieser genetisch verankerte, tageszeitliche Rhythmus wird durch unseren Stoffwechsel umgesetzt, der unsere Lebensvorgänge zeitlich in den Tagesablauf einordnet. Hierin versteckt deutet sich bereits der Konflikt zwischen der biologischen und letztlich individuell definierten Eigenzeit und der für Wirtschaft und Gesellschaft geltenden Zeit an (s. auch Rüdiger Safranski „Zeit – Was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen“) – aber das ist ein anderes, eher philosophisches Thema.

Die Zeitmessung – willkürliches System mit beträchtlichem Einfluss

„Die Zeit ist die formale Bedingung a priori aller Erscheinungen überhaupt“, befand Immanuel Kant und die menschliche Gesellschaft ist auf eine Übereinkunft in Bezug auf die Zeit angewiesen. 

Während man sich zu frühester Zeit grob am Stand der Sonne orientierte, können heute mit modernen Lasern Lichtimpulse im Femtosekundenbereich erzeugt werden. Die Zeitskalen, um die es hier geht, sind kaum vorstellbar. Ein Impuls mit einer Dauer von sechs Femtosekunden (0, 000 000 000 000 006 Sekunden) verhält sich zu einem „Ein-Sekunden-Impuls“ wie ein Millimeter zu der Entfernung zwischen Erde und Sonne (rund 150 Millionen km).'

Wie kam es zu der Zeiteinteilung, wie wir sie heute kennen?

„Die Physik lehrt, dass es keine absolute Zeit gibt. Es existiert also keine Superuhr irgendwo im Kosmos, nach der sich alles ausrichtet. Die Zeit wird subjektiv erlebt.“ (Werner Kinnebrock „Was macht die Zeit, wenn sie vergeht? Wie die Wissenschaft die Zeit erklärt“, Verlag C. H. Beck, 2. Auflage, 2012) 

Die menschliche Gemeinschaft und ihre Bedürfnisse jedoch benötigen einen formalen Rahmen, um zu funktionieren. Seine Entwicklung zieht sich durch die Jahrtausende – im Laufe der Geschichte haben Menschen den Tag immer wieder unterschiedlich eingeteilt, Stunden je nach Jahreszeit und Zeitsystem verschieden lang bemessen. 

Belegt ist, dass die alten Babylonier begannen, die Zeit so einzuteilen, wie wir sie noch heute kennen. Sie gliederten das Jahr den Mondzyklen entsprechend in zwölf Monate, Tag und Nacht in je zwölf gleich lange Teile = 24 Stunden. 

Warum 12 und 60 als Basiszahlen rund um die Zeit?

Die babylonische Zeit war eine Blütezeit der Astronomie und Mathematik. Die Zahl 12 hatte für die Babylonier auch religiöse Bedeutung und galt ihnen als perfekte Zahl. Im Alltag zählten sie mit den drei Knöcheln ihrer vier Finger bis zwölf, der Daumen wurde dabei als Zeigestock verwendet. 

60 ist ein Vielfaches von 12, eine hoch zusammengesetzte Zahl mit insgesamt zwölf Teilern, was das Rechnen mit ihr wesentlich vereinfacht. Dieses sog. Sexagesimalsystem wurde bereits von den Sumerern im dritten Jahrtausend v. Chr. genutzt und an die Babylonier weitergegeben. Die alten Griechen nutzten es, um einen Kreis in 60 Teile zu unterteilen und ein frühes System von Längen- und Breitengraden zu entwickeln, die Basis für Minuten und Sekunden wie wir sie heute definieren. 

Funfact: Während der Revolution (1793) überlegte man in Frankreich, die Dezimalzeit einzuführen: Dabei sollte ein Tag zehn Stunden, eine Stunde 100 Minuten und eine Minute 100 Sekunden haben. Das entsprechende Dekret trat jedoch nie in Kraft.

Minute und Sekunde hatten im täglichen Leben viele Jahrhunderte lang keine Bedeutung, waren vor allem mathematische Größen und dienten astronomischen Berechnungen. Für die Zeitmessung wurden sie erst mit Erfindung entsprechend genauer Uhren interessant.

Wieso zeigen die meisten Uhren 12 statt 24 Stunden?

Für die Darstellung der Zeit hat sich das Ziffernblatt mit 12-Stunden-Anzeige durchgesetzt; Uhren mit 24-Stunden-Anzeige wie die TRES 24 von BOTTA bleiben die Ausnahme.

Die Gründe dafür sind historisch gewachsen und insgesamt wohl eher praktischer als logischer Natur. So haben Turmuhren die Zeit einst stündlich mit Glockenschlägen verkündet und gerade bei den späten Stunden exakt mitzuzählen, hätte höchste Konzentration erfordert. Darüber hinaus erleichterte ein Ziffernblatt mit wenigen Unterteilungen auch das Ablesen aus der Ferne.

Da der Mensch bekanntermaßen ein Gewohnheitstier ist, konnte sich so letztlich das Ziffernblatt mit 12-Stunden-Anzeige durchsetzen.

Für eine einheitliche Verständigung auch auf globaler Ebene wird der Tag durch die koordinierte Weltzeit (UTC) nichtsdestotrotz in 24 eindeutige Stunden eingeteilt, die Tag- und Nachtzeiten klar voneinander trennt.

 

Ich wünsche Ihnen einen entspannten Umgang mit der Zeit,

Ihr Klaus Botta

Klaus Botta

3 Kommentare


  • Czornik

    Danke, sehr gut erklärt. Jetzt weiß ich Bescheid.

  • Uwe

    Es gab schon vor den Babylonier das Zwölfersystem, genau genommen, ab dem 21.März 5.509 vor unserer Zeitrechnung unter den Sumerern.

  • Deniz

    Ich danke euch vielmals, diese Frage zerbricht mir seit knapp einem Jahr meinen Kopf. Jetzt kann ich in Ruhe sterben


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